Schloss Güterfelde: Essenz der Gillyschen Baukunst

David-Gilly
Porträt David Gillys, Kupferstich von J. S. L. Halle (1796)Zeichnung von W. Chodowiecki. Quelle: Wikipedia
Zunächst als Landbaumeister, später als Generalbaudirektor hatte sich David Gilly jahrzehntelang in pommerschen Gefilden mit effizientem Bauen von ländlichen Wohn-, Lager und Produktionsgebäuden auseinandergesetzt. Charakteristisch für seine Zweckbauten war eine einfache, zurückhaltende Ästhetik, die sich in der symmetrischen Strukturierung der Baukörper, harmonischen Proportionen zwischen Dach- und Mauerwerk sowie einem ausgewogenen Verhältnis von Wand- und Fensterflächen ausdrückte.

Neben seinen öffentlichen Aufgaben nahm Gilly in zunehmendem Maße auch private Aufträge an und gestaltete Herrenhäusern und Gutsanlagen. Gerade bei diesen Projekten verband sich sein schlichter Stil eindrucksvoll mit den schnörkellosen Linien des aufkommenden Klassizismus – und traf den Zeitgeschmack der herrschaftlichen Kundschaft.

Gilly begeistert den Kronprinzen

Große Aufmerksamkeit erregte Gilly mit der Neugestaltung des Schlossgutes Steinhöfel, die er ab 1790 zusammen mit seinem Sohn Friedrich – ebenfalls ein herausragender Architekt – durchführte. Der Bauherr Valentin von Massow war zugleich Intendant der königlichen Schlösser. Stolz präsentierte von Massow dem preußischen Königshaus das von den Gillys komponierte harmonische Gesamtkunstwerk des in Park und Landschaft eingebetteten Schlosses mitsamt der zugehörigen ländlichen Wirtschafts- und Wohngebäude.

Besonders Kronprinz Friedrich Wilhelm war begeistert. Er beauftragte David Gilly mit der Gestaltung seines Gutes in Paretz. Der Baumeister sollte ihm dort eine Sommerfrische errichten – „ganz ohne jegliche traditionelle Würdeformen“. Auch bei diesem Projekt arbeitete Gilly eng mit seinem Sohn zusammen. Noch umfassender als in Steinhöfel bezogen die beiden Baumeister das zum Gut gehörende Dorf in ihren Gesamtentwurf ein. 1798 fertiggestellt, wurde der schlicht gestaltete Landsitz mit seinem langgestreckten Haupthaus zum Lieblingsort des Prinzen und seiner Gattin Luise. Der königliche Dank war David Gilly sicher: gleich nach seiner Thronbesteigung belohnte Friedrich Wilhelm III. ihn mit der Ernennung zum Vizedirektor des preußischen Hofbauamtes.

Schloss-Gueterfelde-Entwurf-David-Gilly-1804
Der Originalentwurf für Schloss Gütergotz von David Gilly (1804)
Schloss Güterfelde vereint alle Elemente von Gillys Stil

Völlig zu Recht gilt Paretz seitdem als eine der schönsten frühklassizistischen Schlossensemble Deutschlands. Viele der schon dort für Gilly typischen Stilelemente, quasi eine Essenz seiner Architektur, fanden sich auch in dem Entwurf des Baumeisters für Grothes Schloss in Gütergotz wieder, zum Beispiel

  • – der symmetrische und funktionale Baukörper (Schloss Gütergotz hat die Form eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Ecken der Turm und die Seitenflügel links und rechts des Haupttrakts bilden),
  • – die glatten, kaum akzentuierten Fassaden,
  • – die sparsame Ornamentik, in Gütergotz nur im Bereich des Portals im Mittelrisalit eingesetzt,
  • – die markante Rundbogenfenster, die den Mittelrisalit des Gebäudes betonen,
  • – oder die umfassende Einbeziehung des Dorfes Gütergotz in den Gesamtentwurf.

Grothes kurzes Glück

Auch August Friedrich Grothe war sehr angetan von Gillys Werk und konnte es nicht erwarten, in sein Schloss einzuziehen. Der Innenausbau war 1804/5 noch nicht vollendet, als er mit seiner Familie bereits von Berlin nach Gütergotz zog. In den noch unfertigen Räumen im Zwischengeschoss lagerte er noch nicht ausgegebene Lotterielose ein. Doch der Geheimrath und Lotteriekönig konnte sich nicht lange an seinem prachtvollen Haus freuen. Ein kleiner Franzose kam ihm in die Quere. 1806 hatte Napoleon die preußischen Truppen in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt vernichtend geschlagen und Berlin besetzt. Die Franzosen zwangen Geheimrath Grothe, für sie in der Verwaltung zu arbeiten. Schnell bezichtigten ihn die eigenen Landsleute des Hochverrats und der Spionage für die verhassten Besatzer. Grothe floh auf seine Ländereien bei Warschau. Seine Familie blieb in Gütergotz zurück. Seine Frau und die beiden Töchter schienen sich dort allerdings recht schnell zu trösten: es wird von häufigen Herrenbesuchen berichtet, im Schloss soll zum Empfang der Männer sogar eigens ein rotes Kabinett eingerichtet worden sein. Adel und Pöbel rümpften die Nase über das anrüchige Treiben.

Zwar von den Vorwürfen des Verrats öffentlich rehabilitiert, doch im Innern auf das Tiefste gedemütigt, zog August Friedrich Grothe nie wieder nach Gütergotz zurück. 1815 starb er in Warschau. Zwei Jahre nach seinem Tod verkaufte Grothes Witwe das Anwesen für 35.000 Taler an den Immobilienhändler Ferdinand Wimmel und verließ Gütergotz für immer.

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