Ein funkelnagelneues Vorhängeschloss am eisernen Gartentor und dahinter ein jungfräuliches, ganz in mediterranem Blau gehaltenes Dixi-Klo sind vielleicht so etwas wie die ersten beiden Schwalben am Ende eines langen, kargen Winters. Vorboten auf bessere Zeiten, denen man aber noch nicht so ganz glauben mag, obwohl man es doch so gerne würde.
Wenige Tage später versperren graue Metallgitterzäune den Gehweg, verengen die Fahrbahn und konvertieren die letzten Meter der Charlottenburger Uhlandstraße in eine Richtung Steinplatz nun unpassierbare Einbahnstraße. Selbst das seit vielen Monaten an der olivgrünen Fassade trostlos baumelnde, halb in sich zusammengesunkene Banner eines Gerüstbau-Unternehmens wird wieder in Form gebracht und festgezurrt. Ein blauroter Rüssel hängt aus einem der Fenster im vierten Stock und speit mit Getöse und unter wilden Zuckungen Schutt und Staub in bereitgestellte Container. Ab und zu sieht man jetzt sogar Licht hinter einem der blinden Fenster.
Besitzerwechsel lässt das Hotelprojekt aufleben
Ganz offensichtlich tut sich etwas in den geschichtsträchtigen Gemäuern. Errichtet nach den Plänen August Endells, eines der herausragenden Architekten und Künstlern des Jugendstils, beherbergte das Gebäude mit der Hauseingängen Uhlandstraße Nr. 197 und Steinplatz Nr. 4 u.a. jahrzehntelang das legendäre Hotel am Steinplatz. Vor einigen Jahren erwarb die Fatall-Hotelgruppe das zwischenzeitlich als Seniorenheim genutzte Haus. Das Unternehmen wollte es wieder zu einem luxuriösen Hotel umbauen. Doch offenbar fehlte es dazu an dem nötigen Geld oder Willen oder beidem. Man überließ das einzigartige Gebäude mehr oder weniger dem Verfall, darüber konnten auch sporadische und teils sinnfreie Aktionen wie der Gerüstaufbau Anfang letzten Jahre nicht hinwegtäuschen. Ausführlich hatte ich ja schon im vergangenen Jahr über diese Entwicklung und „Endells entwürdigtes Erbe“ gepostet.
Inzwischen hat die Fatall-Gruppe bzw. ihre Tochtergesellschaft „Uhlandstraße 197 GmbH“ das so stiefmütterlich behandelte Objekt an die „DG Steinplatz 4 GmbH“ verkauft – und die will jetzt die Sanierung- und den Umbau des Endell-Baus offenbar zügig vorantreiben. Dennoch scheinen in meiner Nachbarschaft noch die Zweifel zu überwiegen. „Mal wieder viel Brimborium um nichts“, bekomme ich da zu hören, „nach wenigen Wochen geht denen wie immer das Geld aus und das war es dann.“
Von Seiten einiger mit den derzeitigen Maßnahmen betrauten Personen wird jedoch mir versichert, dass der neue Eigentümer die Arbeiten diesmal durchziehen will. Die Eröffnung des neuen „alten“ Hotels am Steinplatz sei für 2012 vorgesehen. Betuchte Berlin-Besucher könnten sich dann über ein nobles Domizil mit einem gehörigen Schuss Berliner Stil und Geschichte freuen. Bleibt zu hoffen, dass das glänzende Vorhänge-Schloss, das blaue Dixi-Klo und die anderen „Schwalben“ wirklich die ersten Anzeichen für einen Wende zum Besseren in der Uhlandstraße / Ecke Steinplatz sind. Zu wünschen wäre es. Endells Prachtbau jedenfalls hätte einen zweiten Frühling auf jeden Fall verdient.
Lesetipps / weitere Posts zum Hotel am Steinplatz bzw. zu August Endell:
„Endells entwürdigtes Erbe“
„Auf den Spuren eines Architektosophen“